talking about sexual trauma

Our civilizations are traumatized by sexual violence. A poison we should neutralize by talking


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„Mit 50 fängt man gerade erst an, den Kopf zu heben“ – Interview mit der Autorin Anne Lorient

Wenn ich Anne in Paris sehe und wir uns länger unterhalten, fragen wir uns immer wieder, warum wir überlebten, einiges hinbekommen haben im Leben, und andere nicht. Wir haben noch nie eine Antwort gefunden, aber ich denke immer, wenn Anne es geschafft hat, bei dem, was sie durchgemacht hat, ist fast alles möglich. Also höchste Zeit, meinen Teil dazu beizutragen, sie und ihr Buch ein bisschen bekannter zu machen. In Frankreich ist es immerhin Schullektüre!

Ich suchte Zuflucht im Nirgendwo“ – lautet der Titel Deines Buchs. Klingt nicht nach einer erfolgversprechenden Strategie.

Strategie? Wer auf der Straße landet, ist nicht mehr in der Lage, in Strategien zu denken. Die Not hat das Denken ausgeschaltet. Nicht finanzielle Not, sondern psychische Ausnahmezustände. Ich bin mit 18 vor meinem Bruder geflüchtet, und einer Familie und Umgebung, die mich und meine Schwester ihm auslieferte. Meine Tante, bei der ich unterkommen wollte, hat mich nicht aufgenommen, und gleich in der ersten Nacht, die ich auf der Straße verbrachte, wurde ich vergewaltigt. Wieder, auch hier; es schien kein Entrinnen zu geben. Danach konnte ich lange nicht sprechen. Meine Stimmer versagte mir den Dienst. Wie hätte ich da Arbeit, Hilfe, eine Wohnung suchen sollen?

Die meisten Leute verstehen nicht, wieso Menschen auf der Straße landen. Schließlich leben wir in einem Sozialstaat, denken sie, also haben die Obdachlosen es wohl nicht anders gewollt.

Das ist sehr bequem, und falsch. Niemand lebt freiwillig auf der Straße. Das Leben dort ist gefährlich, man wird bestohlen, vergewaltigt. Ich weiß nicht, wie oft ich vergewaltigt wurde. Niemand will das. Aber ich war erst stumm, und dann so verängstigt, dass ich niemandem mehr getraut habe. Ich hatte dann einen Partner, und ein Kind, und ich hatte Angst, dass die Behörden uns unser Kind wegnehmen könnten, wenn ich mich an sie wende.

Aber viele Jahre später hast Du dieses Buch geschrieben. Es ist in Frankreich sogar Schullektüre geworden.

11 Jahre waren zwischen dem Ende der Obdachlosigkeit und dem Erscheinen des Buchs. Da ist viel Wasser die Seine runtergeflossen! Aus dem ursprünglichen Manuskript wurde so vieles gestrichen. „Zu hart, zu roh“, fand der Verlag. Die Wahrheit ist nicht verkäuflich. Aber ja, viele Leser*innen finden es so schon schwer zu lesen.

Als ich damals als Jugendliche in der Schule erzählte, dass mein großer Bruder mich missbraucht, wollte niemand was davon hören. Das darf einfach nicht mehr sein. Deswegen gehe ich, die sich nie auf einen Elternabend getraut hat, in Schulen und spreche über sexuellen Missbrauch. Wenn es gerade wieder schwierig ist für mich, kann ich mir sagen, dass ich nicht umsonst Missbrauch, Gewalt und Obdachlosigkeit überlebt habe.

Hat die Veröffentlichung des Buchs Dein Leben verändert?

In mehrerer Hinsicht. Einmal war es ein wichtiger Prozess, die Worte zu finden für das, was mit mir geschehen ist. Es war eine Art Therapie.

Dann hat es zu Begegnungen mit anderen Betroffenen geführt, und schließlich auch mit Politikerinnen, die etwas ändern wollen. Ich dachte ja lange, ich sei die einzige, der so etwas zugestoßen ist! Es war einerseits traurig, natürlich, aber auch sehr befreiend zu erkennen, wie gewöhnlich mein Schicksal ist. Und ich habe wirklich den Eindruck, dass sich etwas verändert. Inzwischen haben auch Prominente wie Vanessa Springora oder Camille Kouschner das Thema angepackt und ausgepackt. Es ist nicht mehr möglich, das Ausmaß der Gewalt zu verdecken, der Kinder ausgeliefert waren und sind.

Fällt es Dir schwer, an der Öffentlichkeit zu sein?

Mal so, mal so. Gerade habe ich eine Anfrage abgelehnt, auf einem Kongress zum Thema „Inzest“ zu sprechen, obwohl da einige Menschen sein werden, die ich auch gerne treffen würde. Aber gerade ist es mir zuviel. Ich möchte in diesem Rahmen, wo hauptsächlich Wissenschaftler*innen sind, kein Zeugnis ablegen. Ich fühle mich verletzlich; vielleicht liegt es auch an der langen Pause, die durch Corona entstanden ist. Aber grundsätzlich ist mir die Vernetzung sehr wichtig. Nur mit vereinten Kräften können wir etwas bewirken.

Du bewirkst etwas, berührst Menschen. Eine Poetin hat sogar ein Gedicht über Dich geschrieben.

Bloß gut, dass sie es auf der Veranstaltung vorgelesen hat, als ich gerade backstage war! Ich hätte womöglich geheult.

Ich habe diese offene Seite, es sieht so aus, als können ich gut mit Menschen.

Andererseits trage ich immer noch das Dunkel, die Wildnis in mir. Es gibt Tage, da drängt es mich wieder dorthin. Dann isoliere ich mich, wandere ziellos herum, versinke wieder in Wortlosigkeit. Es ist eine seltsame Sucht, die mich gelegentlich heimsucht, nicht ungefährlich. Meine Schwester findet nicht mehr aus ihr zurück. Verloren. Mich halten zwei Menschen, denen ich versprochen habe, zurück zu kommen. Die nach mir schauen, wenn ich zu verschwinden versuche.

Vor Kurzem hast Du einen Preis für den Verein gewonnen, den Du gegründet hast. Er unterstützt Familien, die auf der Straße leben.

Darauf bin ich auch stolz, damit können wir ganz konkret Hilfe leisten. Aber es gibt eben auch die Momente, wo ich sehe: Ich kann diesem Kind nicht helfen, vom missbrauchenden Vater loszukommen. Oder die Brigade für familiäre Unterstützung in einem schwierigen Viertel wurde einfach dicht gemacht, entgegen aller Versprechen, man wolle kein Kind alleine lassen. Deswegen ist es mir wichtig, mit Politikerinnen zusammen zu arbeiten.

Was wünschst Du Dir noch?

Von meinen Geschwistern ist mein Bruder, der Täter, derjenige, dem es am besten geht – er hat Familie, ein gutes Auskommen. Er hat sich in seiner Machtposition eingerichtet, als er gemerkt hat, dass niemand sich um mich und meine Schwester schert. Er hat uns dann auch an seine Kumpels verkauft. Und er ist bis heute unantastbar. Das einzige, was ich tun kann, ist mit dafür sorgen, dass es Kindern heute nicht mehr so geht wie mir, als ich z.B. in der Schule bei Lehrer*innen Hilfe suchte. Es sieht so aus, als hätten viele Menschen mehr Angst vor uns Opfern als vor den Tätern. Das sollte sich dringend ändern.

Fragst Du Dich auch manchmal, was aus Dir geworden wäre, wenn Du nicht so sehr mit Überleben beschäftigt gewesen wärst?

Sicher, auch wenn es ziemlich sinnlos ist. Welche Berge hätten wir versetzen können? So aber fängt man mit 50 gerade mal an, den Kopf zu heben.

Anne Lorient, Ich suchte Zuflucht im Nirgendwo

PS: Entschuldigt die Werbung; ich kann sie nicht beeinflussen und verdiene daran auch nichts.


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Zu den Verletzlichen gehören dürfen

Ich bin empfänglich für den Charme der Serien, die in eine längst vergangene britische High Society einen vermeintlich ruhigen Gang der Dinge, eine Genauigkeit der menschlichen Beziehungen und Kommunikation projizieren, in viel Grün und sanftes Licht getaucht. Coming of Age junger Frauen unter privilegierten Bedingungen, wie sie die wenigsten von uns hatten; Gewalterfahrung gehört strikt nicht zu den Erzählungen. Eine Welt, in der ich die Sehnsucht danach erleben kann, es möge anders gewesen sein, und Träume darüber, wie es gewesen sein könnte.

Verletzlich sein dürfen.

Welch ein Luxus. Mit großen Augen und leisem Neid den Erzählungen von Menschen lauschen, für die Verrat keine Grunderfahrung ist. Das weite Feld von Schmerz, Angst, Wut, die nachvollziehbar, formulierbar und ineinander überführbar und auch wieder aufzulösen sind. Wo die Kommunikation bestehen bleibt und Versöhnung möglich ist. Dieses weite Feld, das bei uns erodiert, karg und kahl ist, zumindest unterm Gras, das mittlerweile wieder darüber gewachsen sein mag. Selbstverständlich haben wir das alles mittlerweile trainiert: Gefühle erkennen, annehmen, einordnen und so kommunizieren, dass es die Beziehung nicht strapaziert, sondern lebendig hält.

In Beziehung bleiben. Auch wenn die Gefühle Schmerz, Zorn, Angst da sein mögen – vertrauen, dass das weder uns selbst noch die Beziehung zum oder zur anderen schädigt. Oder vielmehr: So tun, so handeln und kommunizieren, als würden wir darauf vertrauen.

Das ist natürlich auch Selbstverrat: Wie und warum sollten wir darauf vertrauen? Unsere Erfahrungen sind ja andere. Wir mussten vor Schmerz aus der Haut fahren und unseren Körper verlassen, für Wut wurden wir mit Ausschluss bestraft, Angst und Terror mussten wir irgendwo einsperren, tief, um weiterleben zu können.

Wir sind nicht geistesgegenwärtig, gelassen bei uns selbst, wenn wir in Konflikten sind. Unserer Erfahrung nach können wir nicht auf Nachsicht, Verständnis, Mitmenschlichkeit hoffen. Und schon gar nicht darauf, dass uns jemand in unserer Not sieht. Wir sind vor den Hunden gegangen.

Sexuelle Gewalt ist mir in diesen Serien nicht begegnet. Das ist mir ja auch recht. Ich schaue sie mir an und fühle mich wie eine Außerirdische. Oder eine Jurtenbewohnerin, die eine Kathedrale betritt, zuverlässiges, gepflegtes Gemäuer, einschüchternd.

Die idealisierte britische High Society (hier: Downtown Abbey) wird mit Traumata immerhin im Zusammenhag mit dem Krieg konfrontiert: „Shellshock“. Eine der Hauptpersonen sagt etwas, das sich viele Überlebende leider immer wieder denken: Wir Schwerverletzten und Verstümmelten, leider haben wir keine Kugel abbekommen, die uns sauber aus dem Leben befördert hat. Wir müssen weiterleben, so schwer es sein mag. Und der Vorgesetzte dieses einen Bombenangriff Überlebenden sagt das genau so: Ihre Gebete wurden nicht erhört, sie möchten wenn denn getroffen werden, dann so, dass sie nicht überleben. Bei einem anständigen, unterhaltsamen Krimi, sind die Opfer schließlich auch tot.

Die Dienstboten der Serie legen überwiegend weniger dieses brutalen Pragmatismus an den Tag. Selbst machtlos, dürfen sie Mitgefühl haben; selbst getroffen sein durch tote, traumatisierte Angehörige. „Du bist nicht der einzige Verletzte, der hier herumläuft“, weist seine Vorgesetzte einen der Kriegsrückkehrer zurecht. Aber er, der einzige als Person präsente Überlebende, wird später mit zwei Monaten Lohnfortzahlung entlassen. Wenn es ihm besser gehen, er wieder Arbeit suchen können sollte, darf er auf ein gutes Zeugnis hoffen, trotz allem.

In der Zwischenzeit gibt es einmal in der Woche eine Suppenküche.

Zerstörung, Angst, Horror brechen zwar durch den Krieg auch in die Upper Class ein, aber nur gedämpft. Das Schloss nimmt eine Art Reha-Klinik für Offziere auf – es kommen also zum Einen die Privilegierten und zum anderen die schon einigermaßen wieder Zusammengeflickten. Den erwachsenen Töchtern der Familie, die sich erklärtermaßen etwas langweilen, gereicht das zur ersehnten Emanzipation. Die Traktor fahrende der höheren Töchter mutiert leider bald zur Rollenerwartungen erfüllenden Krankenschwester.

Jedenfalls stört das keineswegs das zelebrierte Gefühl von füreinander da sein und das Akzeptieren menschlicher Schwächen allenthalben. Die Härten der Hierarchien bleiben weichgezeichnet; keine Spur der schonungslosen Innensicht des Kazuo Ishiguro auf die seelischen Verformungen durch Unterwerfung bei einem englischen Butler („was vom Tage übrig blieb“). Der Patriarch ist integer und mitfühlend, durch Argumente zu überzeugen, kein Unmensch, der andere unterdrückt, um seine privilegierte Stellung zu erhalten. Es gibt ein paar renitente Dienstboten, aber derjenige, der Marx liest, ist ein politisch nicht organisierter Hitzkopf, der von den Kolleginnen schnell unschädlich gemacht wird.

Gegen tröstliche Märchen ist nichts einzuwenden.

Es ist aber auch nicht so, dass sie helfen, mich weniger fremd zu fühlen.

Nicht schön ist auch die Mischung aus Neid und Verachtung für die kleinen Sorgen, die in mir aufsteigt. Für die Aufs und Abs, das Alles in Allem Aufgehobensein in einer familiären und gesellschaftlichen Struktur. Und die Scham über das Fremdsein und den Neid und die Verachtung. Am Ende fliegt er ja auch raus, der Traumatisierte mit seinen Alpträumen und seinem nächtlichen Geschrei.

Bei allem Verständnis.


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80 Millionen € für Forschung – und die Betroffenen?

„Um die Arbeit zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt sowie vor Vernachlässigung und Missbrauch auf eine fundierte Basis stellen zu können, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung seit 2011 rund 63 Millionen Euro zur Verfügung gestellt und ist auf dem Weg, eine auch international sichtbare Forschungslandschaft aufzubauen, aus der wirkungsvolle Beiträge für die Praxis hervorgehen sollen.“

https://www.bmbf.de/de/schutz-von-kindern-und-jugendlichen-vor-sexueller-gewalt-1241.html

Weitere 16 Millionen Euro wurden zusätzlich ab 2016 zur Verfügung gestellt. Als wichtigstes Ziel wird genannt (oder zumindest ist es das Einzige, das eine Unter-Überschrift im Text wert ist): „Schuztkonzepte entwicklen“.

Schutzkonzepte zu entwickeln ist sehr wichtig.

Was aber ist mit den geschätzten 8 Millionen Menschen, die als Kinder oder Jugendliche bereits Opfer sexueller Übergriffe wurden; mit den geschätzten 1 Million Kindern, die, auch sie, Opfer von Übergriffen wurden – oder sind? Weiterlesen


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Post-traumatisches Syndrom und Schul-Medizin

Ich hab’s geschafft. Die Woche davor war grauenhaft. Panik-Attacken, Flashbacks. Ging nach dem Vorgespräch los (eine Woche vor der geplanten Darmspiegelung, die eine wichtige Vorsorge-Untersuchung ist).

Ich war darauf nicht vorbereitet. Weder meine Hausärztin noch der Gastro-Entrologe, mit dem ich das Vorgespräch hatte, hatten mich darauf vorbereitet.

Wir sind ja auch nur zehn Prozent aller potentiellen Patienten. Die zehn Prozent der Deutschen, die als Kinder oder Jugendliche sexuellen Übergriffen ausgesetzt wurden.

Mit wievielen Ärztinnen oder Ärzten habe ich versucht, darüber zu reden? Zu schauen, ob sie bereit und in der Lage sind, bei meiner Behandlung und gesundheitlichen Betreuung die Traumatisierungen mit ihren Folgen mit zu bedenken?

Ich fürchte, das Ergebnis meiner Bemühungen lautet: Die meisten haben schlicht keine Ahnung. Viele von ihnen sind freundliche Menschen, die sich bemühen, so gut es ihre knapp bemessene Zeit gestattet (Gespräche zu führen wird Medizinern sehr schlecht vergütet). Auf Kenntnis-Reichtung bin ich aber nicht gerade gestoßen. Weiterlesen


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Vom Doppelleben Traumatisierter: Max Mehricks „Das Fenster zur Einsamkeit“

„Wie lebten Menschen, statt nur zu existieren? Wie ging diese Normalität, von der alle immer sprachen – der Alltag? Davon hatte er keine Ahnung. Es gab so viele Dinge, die er nicht verstand. Worüber sprachen Menschen, wenn sie sich zufällig beim Einkaufen trafen? Was sagte man zu der Bäckersfrau, die einem die Brötchen reichte?“

Was Max Mehrick da schreibt, könnte eine Zusammenfassung etlicher Seiten meiner Tagebücher aus meinen späten Teen- und frühen Twen-Jahren sein. Ich kann die kaum lesen, weil mir die abgrundtiefe Verzweiflung immer noch zusetzt, die aus ihnen spricht. Max Mehricks Buch zu lesen, ist einfacher; es geht um jemand anderen. Und ich fühle mich nicht mehr so alleine, denn da ist jemand, der genau das beschreibt (Mehricks Roman ist aus der Ich-Perspektive geschrieben), und dessen Hauptperson sich genauso schämt, wie ich mich damals schämte. Für meine totale soziale Inkompetenz, die in den oben zitierten Sätzen so gut auf den Punkt gebracht ist. Und für noch vieles mehr. Ich schämte sich damals so, dass ich nur in einer Art Dauer-Trotzhaltung überlebte. Weiterlesen


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Buchtipp: „Das verfolgte Selbst“

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Der Titel sprach mich an, weil er mein Lebensgefühl als Kind und Jugendliche ausdrückte: Mein Selbst wurde verfolgt. Gewalt und Missbrauch waren die Mittel, gar nicht erst ein Selbst bei diesem Kind – mein eigenes Selbst – stark werden zu lassen, sondern es sich möglichst rabiat selbst zu entfremden und es total zu desorientieren, um es desto leichter lenken und manipulieren zu können.

Das ist, was ich schon damals instinktiv wußte: Dass es meinen Peiniger/innen eigentlich darum ging. Dass das u.a. deswegen ihr Ziel war, weil sie selbst so leer waren, und die Leere irgendwie füllen mussten, aus der immer wieder mal ein Zombie sich emporzustrecken drohte – nämlich das geschundene Kind, das sie mal waren – das zu begreifen habe ich dann noch sehr lange gebraucht. Von dem Buch erhoffte ich mir also etwas ganz Anderes als das, was es enthält: Ich wollte wissen, warum das Selbst so vieler Kinder verfolgt wird. Und was das bedeutet, Millionen ehemals verfolgter Selbst(e?s?) als Mitglieder unserer Gesellschaft zu haben.

Das Buch berichtet aber eher vom Stockholm-Syndrom dieser verfolgten „Selbste“: Wie Kinder, die Misshandlungen ausgesetzt sind, brav selbst die störenden Anteile bei sich selbst unterdrücken, so wie die übergriffigen Erwachsenen das ihnen ja beibringen, indem sie sie dazu zwingen. Dass das leider nicht automatisch endet, wenn man / frau erwachsen ist, und wie hilfreich und bereichernd es ist, damit aufzuhören Weiterlesen